Brot und Frieden in Burundi

Kioske und andere Geschäftsmodelle verbessern insbesondere die Einkommen von Frauen. EIRENE fördert einen Solidarfonds, über den Selbsthilfeinitiativen und auch Einzelpersonen einen Zuschuss für nachhaltige Geschäftsideen beantragen können.

Muslimische und christliche Gemeinschaften haben in Burundi ein gemeinsames Ziel: Einkommen zu schaffen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Gemeinsam verwalten sie einen Solidarfonds für Kleinstprojekte.

Die Bevölkerung in der Provinz Gitega, im Zentrum Burundis, gehört unterschiedlichen Religionsgemeinschaften an. Viele sind Mitglieder der katholischen und der anglikanischen Kirche; es gibt auch eine muslimische Gemeinschaft. Sie leben verteilt in den zehn Dörfern der Provinz. Vorurteile und historische Gewalterfahrungen belasten das Zusammentreffen, die Familien der einzelnen Gruppen bleiben auf Distanz. Seit dem Beginn des Projektes FAIR im Jahr 2018 gibt es jedoch Annäherungen. Denn die Mitglieder der drei Glaubensgemeinschaften in Gitega haben ein gemeinsames Ziel: Mit Hilfe der Bezuschussung von Kleinstprojekten wollen sie die Einkommen ihrer Familien verbessern. Dazu wurde ein Solidarfonds eingerichtet, aus dem Selbsthilfegruppen, aber auch Einzelpersonen Zuschüsse für gute Geschäftsideen beantragen können.

Einmal im Monat treffen sich Leitungspersonen der katholischen und anglikanischen Kirche sowie der muslimischen Gemeinde. Sie beraten über die von ihren Mitgliedern  eingereichten Anträge und deren ökonomische und soziale Erfolgsaussichten. Sie beurteilen die mit den Anträgen eingereichten Kosten-Nutzen-Rechnungen und ob auch die angegliederten Dorfgemeinschaften von den Vorhaben profitieren. Anhand diesen Kriterien wird entschieden, an wen die Gelder vergeben werden sollen.

Kaninchen- und Hühnerzucht ermöglichen Schulbesuche

Die Funktionsweise des Solidarfonds ist einfach und erfolgreich. Schon mit einem geringen Zuschuss kann ein gewinnbringendes Vorhaben umgesetzt werden.
Meist sind es Kleinstprojekte im Bereich Landwirtschaft oder Kleintierzucht. Aber auch Nähstuben oder kleine Verkaufsstände werden bezuschusst. Die Frauen sind dabei am aktivsten und erfolgreichsten. Sie bringen in der Regel die Ideen ein und beantragen die Gelder. 

Adidja Mukeshimana aus der muslimischen Vereinigung Umuco reibt sich die Hände. Innerhalb eines Monats hatten die zehn Kaninchen, die sie aus dem Fonds zur Verfügung gestellt bekam, 30 Junge geworfen. Von denen hat sie 25 verkauft. Das Geld hat sie in Hühner investiert, von denen sie wiederum die Eier verkaufen kann. Mittlerweile kann die junge Witwe ihre Kinder zur Schule schicken und aus den Erträgen ihrer Kleintierzucht weitere Ausgaben für ihr tägliches Leben bestreiten.

Die ganze Provinz wird gestärkt

Der Solidarfonds trägt aber auch zur Entwicklung der ganzen Provinz bei. Denn einen Teil der Erträge müssen die bezuschussten Personen wieder an den Fonds zurück geben, sei es über die Nachkommen der Kleintiervermehrung oder in monetärer Form. Damit bleibt das Geld in dem Fonds nachhaltig stabil und weitere Familien profitieren.

Dank FAIR-Projekt: Adidja Mukeshimana ist erfolgreiche Kleintierzüchterin geworden.

Der Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften wächst.

Angélique Uwingabire ist Vertreterin des katholischen burundischen Caritas-Verbandes. „Ich habe die Muslime immer ignoriert und manchmal auch gefürchtet. Aber seitdem wir im Projekt FAIR zusammen arbeiten, erlebe ich, dass sie anders sind als in meiner Vorstellung. Besonders bei den Frauen sehe ich ein vorbildliches Verhalten."

Hélène Kanka, Mitglied der anglikanischen Kirche Burundi, berichtet von verbesserten Beziehungen zwischen den beiden christlichen Gruppen. Denn auch unter ihnen gibt es Vorurteile und Misstrauen. Jede nimmt für sich in Anspruch die bessere Kirche zu sein. Seitdem Vertreter_ innen beider Kirchen im Projekt FAIR zusammen arbeiten, ist der gegenseitige Respekt gewachsen.

Weniger Armut. Seit Projektbeginn wurden 514 Personen über den Fonds begünstigt.

Tao Goulah Vairoukoye, EIRENE-Koordinator für die Großen Seen, freut sich, dass sich das Projekt bis jetzt gut entwickelt hat. Zusammen mit den burundischen Kolleg_innen kümmert er sich um die Verwaltung und Begleitung des Projektes. Insgesamt wurden seit Projektbeginn 514 Personen über den Fonds begünstigt. Davon haben bereits im zweiten Jahr 242 Personen gute tragfähige Ergebnisse mit ihren Vorhaben erzielt. Er stellt auch fest, dass die Menschen bei der Antragstellung seit Projektbeginn viel dazu gelernt haben. „Zu Beginn hatten die Gruppen und Einzelpesonen meist nur spontane Ideen eingebracht. Die waren oft nicht nachhaltig. Seit unserer Beratung planen die Antragstellenden nun für ein ganzes Jahr und kalkulieren alle Kosten realistischer.“

Der EIRENE-Koordinator sieht neben dem Zusammenwachsen der Religionsgemeinschaften auch die Entwicklung der ganzen Provinz Gitega auf einem positiven Weg. Die besseren Einkommen vermindern insgesamt die Armut in der Region und fördern eine friedliche Entwicklung. Insbesondere verbessert das Projekt das Selbstverständnis und die Mitsprache der Frauen. Über ihre erfolgreichen Kleinprojekte erlangen sie mehr Respekt in den Gemeinden.

Erstmalig ausgestattet wurde der Fonds 2018 aus Mitteln des evangelischen Hilfswerkes Brot für die Welt. Zwar werden nur kleine Summen an die Antragstellenden vergeben, damit möglichst viele Interessierte in den Genuss der Zuschüsse kommen. Aber insgesamt ist das bereitgestellte Kapital für den Fonds geringer als die Summe der von an Antragstellenden beantragten Beträge.

EIRENE wird das Projekt weitere drei Jahre von 2024 bis 2027 begleiten und mit Spendengeldern unterstützen.