Hiroshima mahnt
Am 6. August jährte sich zum 79. Mal der amerikanische Atombombenabwurf auf Hiroshima, der erste Einsatz einer Atomwaffe überhaupt. Drei Tage später wurde eine zweite Bombe auf Nagasaki abgeworfen, was zur Kapitulation Japans und zum Ende des Zweiten Weltkriegs führte. Nach Schätzungen starben in Hiroshima bis zu 80.000 und in Nagasaki bis zu 40.000 Menschen direkt, ebenso viele wurden verletzt. Die Anzahl der Überlebenden, die ionisierender Strahlung ausgesetzt waren, wurde in einem Zensus der japanischen Regierung auf etwa 280.000 Personen geschätzt. Die Häufigkeit von Leukämie unter den Überlebenden stieg fünf bis sechs Jahre nach den Bombenabwürfen signifikant an und etwa ein Jahrzehnt später erkrankten Überlebende überdurchschnittlich häufig an Schilddrüsen-, Brust-, Lungen- und anderem Krebs. Auch Jahrzehnte nach dem Bombenabwurf starben immer noch Menschen an den Folgen der Strahlung.
Glücklicherweise wurden Atomwaffen seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 nur noch als Reserve eingesetzt, um Drohungen zu untermauern. In der Gewissheit, verheerende Vergeltungsschläge vermeiden zu können, haben nuklear bewaffnete Staaten von einer Eskalation ihrer Konfrontationen unter Einsatz militärischer Gewalt abgesehen und stattdessen ein vorsichtiges Krisenmanagement betrieben.
Doch heute scheint es, dass je weiter wir uns zeitlich von Hiroshima und Nagasaki entfernen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass wir konstruktiv auf die Lehren aus den Ereignissen reagieren. Denn obwohl man hoffen könnte, dass die Lehren aus den Atombombenabwürfen zur Vorsicht mahnen und zur Abschaffung dieser Waffe führt, gibt es dafür keine Garantien. In diesem Zusammenhang sollte eine weitere Lehre aus dem Atombombenabwurf auf Hiroshima gezogen werden: Wenn Kriege beginnen, kann man nie sicher sein, wo und wie sie enden werden.
Auch wenn die Welt in der zweiten Hälfte des Kalten Krieges den nuklearen Abgrund hinter sich zu lassen schien, lässt sich die Technologie heute nicht mehr in eine Flasche zurückstecken. Länder auf der ganzen Welt verfügen nach wie vor über diese Fähigkeit und arbeiten an der Modernisierung ihrer Atomwaffenarsenale für das 21. Jahrhundert. Und die praktische Realität der Geopolitik bedeutet leider, dass dies wahrscheinlich weitergehen wird. Umso wichtiger ist es, den schrecklichen menschlichen Tribut der atomaren Kriegsführung für die sehr realen Leben zu erkennen.
Seit 2017 klärt die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN (https://www.icanw.de/ ) darüber auf, dass Atomwaffen die unmenschlichsten und wahllosesten Waffen sind, die je zum Einsatz kamen. Laut ICAN verletzen Atomwaffen das Völkerrecht, verursachen schwere Umweltschäden, untergraben die nationale und globale Sicherheit und entziehen der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse enorme öffentliche Ressourcen. Daher setzt sich ICAN für die Abschaffung aller Atomwaffen ein. Im Jahre 2017 erhielt ICAN für das Engagement gegen Atomwaffen zu Recht den Friedensnobelpreis.