Wer Krieg Erleben musste, ist ein lebendiges Mahnmal

Nermin Karic und Mirela Salihbegovic bei ihrer Ankunft als internationale Freiwillige in Deutschland

Es ist schwer für uns, unsere Gedanken aufs Papier zu bringen. Besonders jetzt. Niemand berichtet gerne von Krieg, geschweige denn will man ihn erleben. Vor nicht allzu langer Zeit war er bei uns und nun klopft er wieder an unsere Tür, wie ein furchterregender ungebetener Gast. Wir alle hören gerade sein fürchterliches Klopfen. Der ungewollte Gast ist wieder in Europa. In der Ukraine hat er sich gerade mit aller Brutalität Einlass verschaffen. Er tötet und zerstört.

Vor dreißig Jahren war er zuletzt bei uns in Bosnien-Herzegowina. Doch inzwischen hämmert er auch hier wieder an die Tore unserer Heimat. Da wir nur zu gut wissen, was passiert, wenn er eintritt, sind wir in großer Sorge.

"Regelmäßig erreichen uns neue Informationen aus unserer Heimat. Sie berichten von Spannungen, Verschwörungen und Nationalismus. Die Luft ist zum Schneiden dick und es riecht wie damals, im Jahr 1992. Eine sezessionistische Politik und patriotische  Hassreden öffnen alte, unverheilte Narben. Internationale Bemühungen den Nationalismus in unserer Heimat zu bekämpfen haben zu wenig bewirkt. Das Konstrukt unseres Landes ist brüchig – der Friedensvertrag droht zu kollabieren. Droht in absehbarer Zeit der nächste Balkankrieg? Auch unsere Nation, wie momentan die Ukraine, könnte vielleicht bald aufhören zu existieren. Unser Land befindet sich in der größten Krise seit dem Ende des Krieges 1995. Von unseren Liebsten erhalten wir tägliche Anrufe, nie haben wir unsere Familien so verängstigt erlebt. Wir teilen mit Euch unsere Sorge und Erlebnisse, denn wer Krieg erleben musste, ist ein lebendiges Mahnmal.“
- Nermin Karic

"Das Trauma kehrt bei mir zurück, sobald ich von Krieg lese oder höre, egal wie weit entfernt er ist. Jeder Krieg wird dann auch ein Stück weit zu „meinem Krieg“. Die Szenen aus den Berichten der Ukraine sind mir so vertraut. Das Aufheulen der Sirenen, Mobilmachung und diese lähmende Unsicherheit. Ich war etwa drei oder vier Jahre alt, als die Bomben fielen. Meist versteckte ich mich im Schoß meiner Mutter oder unter einem Tisch, bis der donnernde Krach vorbei war. Die Angst war so groß, dass ich mich noch bis zu meinem 8. Lebensjahr körperlich nicht beim Geräusch von Überschallflügen kontrollieren konnte. Heute ist dieses Geräusch noch immer schwer erträglich für mich.“
- Mirela Salihbegovic

Wir alle teilen unsere Heimat, den Planeten Erde und müssen die gemeinsame Verantwortung dafür übernehmen. Lasst uns Taten sprechen lassen und aus der Geschichte lernen. Lasst uns die Grenzen aus unseren Köpfen räumen und zu friedlichem Dialog übergehen! Lasst uns Brücken bauen, damit wir uns in Vertrauen und Ehrlichkeit begegnen.

Frieden ist möglich!