Für einen Internationalen Klimadienst

Bild von Markus Spiske

Der drohende Klimakollaps verlangt nach neuen Maßnahmen

Der Klimawandel, die nachhaltige Entwicklung und der internationale Frieden sind in den letzten Jahren die Hauptanliegen der internationalen Gemeinschaft geworden. Der Fokus darauf wie die Auswirkungen der Klimakrise, wie z.B. Wasserknappheit, Wüstenwachstum und die daraus folgende Ernährungsunsicherheit, zu der Eskalation von gewaltsamen Konflikten beitragen und damit den Frieden gefährden, muss stärker in die Öffentlichkeit gerückt werden. Die Bekämpfung der Klimakrise muss politisch Hand in Hand mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und die Förderung des Friedens weltweit angegangen werden. 
Durch Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen im Globalen Süden, die beispielsweise im Sahel deutlich stärker bereits von den Konsequenzen der Globalen Erwärmung und deren Folgen betroffen sind, bekommen wir als EIRENE gespiegelt: Es braucht mehr finanzielle Ressourcen und den gegenseitigen Erfahrungsaustausch durch Fachkräfte, um die Klimakrise als Gefährder für den Frieden zu bearbeiten.

Die Auswirkungen der Klimakrise auf Frieden in der Welt erfordern, die Existenz und die Art ihrer Verbindungen neu zu überdenken und besser zu verstehen. Aus dieser Perspektive ist ein umfassender Ansatz erforderlich, um Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und Friedenssicherung zu analysieren.
Aus der gleichen Perspektive sind die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung ein Eckpfeiler des weltweiten Umweltschutzes. Folglich stellt der Klimawandel eine Gefahr für die nachhaltige Entwicklung und den internationalen Frieden dar. Tatsächlich verschärft der Klimawandel die bestehenden Risiken für die nachhaltige Entwicklung aufgrund knapper werdender Ressource wie Wasser oder Land und könnte den internationalen Frieden gefährden.

Die Klimakrise verursacht global bereits heute erhebliche Schäden, einschließlich der Vertreibung von Menschen auf der ganzen Welt. Viele Menschen werden zum Umzug gezwungen, was verheerende Folgen für ihre Lebensgrundlagen, ihre Kultur und ihr Erbe hat. Die Zwangsumsiedlung von mehr Menschen wird das Risiko internationaler Konflikte und Unsicherheiten in der Welt erhöhen. Deshalb muss der Kampf gegen den Klimawandel auch mit Rechtsinstrumenten für nachhaltige Entwicklung wie den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) geführt werden. Ebenso wichtig ist, dass internationale Peacebuilding-Maßnahmen den Aspekt der Klimakrise und der daraus resultierenden Konflikte als sozialökologische Krise und Bedrohung des Friedens behandeln.

Darüber hinaus ist die Diskussion darum inwiefern die globale Gemeinschaft bei ihrer Klimapolitik Aspekte von sozialer Gerechtigkeit und Friedensförderung priorisiert, ein Schlüsselmoment für den Erfolg der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. In diesem Zusammenhang ist die Integration von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, ökologisch verträgliches Wirtschaftswachstum, Armutsbekämpfung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Förderung von sozial verträglichem Wohlstand bei ökologischer Erhaltung der Natur entscheidend für die Schaffung von Frieden in der Welt.


 

Verzicht auch Gewaltanwendung

In Bezug auf den internationalen Frieden muss der Kampf gegen die Klimakrise nicht nur mit dem Verzicht auf Gewaltanwendung in internationalen Beziehungen verbunden werden, sondern auch mit der Prävention und Bekämpfung von Armut, Ernährungsunsicherheit und der durch den Klimawandel verursachten Vertreibung. Aus diesem Grund erfordert die Bewältigung globaler Herausforderungen globale Lösungen und internationale Zusammenarbeit auf nachhaltige Weise. Dabei ist der Abbau von vorherrschenden globalen Machtstrukturen, wie beispielweise (Neo-)Kolonialismus oder Rassismus entscheidend, um diese Herausforderungen bestmöglich global zu meistern. Daher muss auch der UN-Sicherheitsrat klimabedingte Sicherheitsrisiken und Umweltzerstörung als Aufgabe zur Wahrung des Friedens einbeziehen. Die derzeitige Zusammensetzung des Sicherheitsrats, die seit dem Zweiten Weltkrieg unverändert geblieben ist, spiegelt jedoch nicht mehr die zeitgenössische internationale Gesellschaft wider. Folglich ist die internationale Gemeinschaft verpflichtet, den UN-Sicherheitsrat zu reformieren und mehr Länder einzubeziehen, ohne die globale Herausforderungen wie der Kampf gegen den Klimawandel und nachhaltiger Frieden nicht möglich sind.


Die derzeitigen extremen Wetterereignisse, die wir überall auf der Erde (und auch in Europa) beobachten, sind hauptsächlich eine Folge des Klimawandels, der durch die fortgesetzte Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas durch den Menschen verursacht wird. Klimawissenschaftler_innen sind sich darin einig, dass diese extremen Wetterereignisse in den kommenden Jahren wahrscheinlich häufiger und intensiver auftreten werden, wenn nicht dauerhaft und weltweit etwas unternommen wird, um die globalen Temperaturen zu senken.

Im Niger unterstützt EIRENE die landwirtschaftliche Anpassung an die verschärften klimatischen Bedingungen.. Junge Erdnusspflanzen sind gut angewachsen

1,5 Grad sind das Ziel

Von welchem Ausmaß der Eindämmung ist die Rede? Die international vereinbarte Zahl ist 1,5 Grad Celsius, d.h. um eine sich potenzierenden Verschlimmerung und potenziell irreversible Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, darf die weltweite Durchschnittstemperatur nicht mehr als 1,5 Grad Celsius über der Temperatur der vorindustriellen Zeit liegen.

Da immer mehr Regionen auf der ganzen Welt mit extremen Wetterbedingungen konfrontiert sind, lohnt es sich, eine Bestandsaufnahme der 1,5-Grad-Grenze zu machen, um zu sehen, wo der Planet in Bezug auf diese Schwelle steht und was auf globaler, regionaler und persönlicher Ebene getan werden kann, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Denn zweifelsohne wird eine Missachtung der Wechselbeziehung zwischen Klimawandel, nachhaltiger Entwicklung und internationalem Frieden die weltweiten Bemühungen zum Schutz des Planeten, zur Konfliktvermeidung und zur Erreichung der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, insbesondere in gefährdeten Ländern, untergraben.

Darüber hinaus erfordert dieser Interdependenzansatz die Umsetzung der UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung 2030, des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen von 1992, des Pariser Abkommens über Klimaänderungen von 2015 und internationaler Rechtsinstrumente wie dem Grundsatz der Nichtanwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen. Einerseits könnten Umweltzerstörung, Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt den Weltfrieden und die internationale Sicherheit eindeutig beeinträchtigen. Andererseits bietet die nachhaltige Entwicklung jedoch auch Chancen für den Aufbau gerechterer, widerstandsfähigerer und friedlicherer Gesellschaften, die auf den Rechten heutiger und künftiger Generationen basieren.

Einführung eines internationalen Klimadienstes

Schon heute engagieren sich überall auf der Welt Freiwillige, um die am meisten gefährdeten Menschen zu unterstützen, auch inmitten von Konflikten und anderen humanitären Notsituationen. Junge Freiwillige schließen sich dem Kampf für Klimagerechtigkeit an und drängen Regierungen, Unternehmen und politische Entscheidungsträger, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, um diese globale Krise zu beenden.
Die weltweiten Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme und gerade auf die Leben der jungen Menschen und ihre Zukunft können nicht ignoriert werden und sind in jedem Winkel der Erde zu spüren. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es sich nicht nur um ein Umweltproblem handelt, sondern um eine globale, humanitäre Krise.
Freiwillige auf lokaler und regionaler Ebene sind für den Klimaschutz von entscheidender Bedeutung - ihr Einsatz nimmt schon heute unterschiedliche Formen an, von Basisinitiativen in Gemeinden bis hin zu spezialisierter Unterstützung auf globaler Ebene. Die Rolle von Freiwilligen bei der Förderung von Klimamaßnahmen und dem Aufbau von Widerstandsfähigkeit ist unverzichtbar. Denn sie tragen wesentlich zu vielen Schlüsselbereichen bei: Wissen und Kapazitätsaufbau, internationaler Austausch, Katastrophenvorsorge und -bewältigung, Abschwächungs- und Anpassungsmaßnahmen sowie Klimagovernance.
Die Einführung eines Internationalen Klimadienstes in Deutschland ist lange überfällig. Er wäre ein wichtiges Instrument auch in der Betrachtung der Klimakatastrophe als ein Erbe des Kolonialismus und der Ausbeutung der so genannten Länder des Südens. Ein solcher Klimadienst könnte einen wesentlichen Beitrag leisten, um nicht nur einseitig Wissen von Norden nach Süden zu transportieren, sondern umgekehrt das immense Wissen über Natur und Ökosysteme aus dem Süden auch in den Norden zu bringen. Denn nur mit Hilfe eines dekolonialen und machtsensiblen Klimadienstes, der nicht die Fehler der Geschichte wiederholt, können die globalen Herausforderungen zur Bewahrung des Ökosystems Erde überwunden werden. 

von Ali Al-Nasani, Leah Engel und Jonas Laur

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